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Wie wirkt das Zusammenleben mit Menschen mit Behinderung auf die eigene Biographie

Selbstverständlich lassen sich in einem Vortrag zu solch einem Thema nur allgemeine Aussagen machen, denn das was sich in den Beziehungen zwischen Menschen entwickelt, ist etwas sehr individuelles.
Trotzdem kann es wertvoll sein sich einmal mit allgemeinen Gesichtspunkten zu dieser Frage zu beschäftigen, um die eigenen Erlebnisse und die eigene biographische Entwicklung bewusster zu betrachten und zu befragen.
Insbesondere die Frage nach den Schicksalsintentionen die unseren Begegnungen zugrunde liegen können uns helfen etwas fruchtbar zu machen für den Einzelnen, für die Gemeinschaft und für die Gesellschaft.
Wir wenden uns deshalb, um eine Grundlage zu bekommen, zunächst der menschlichen Biographie, insofern sie typisch ist, zu.
Rudolf Steiner schreibt in seiner Philosophie der Freiheit: „ Die Natur macht aus dem Menschen bloß ein Naturwesen; die Gesellschaft ein gesetzmäßig handelndes; ein freies kann er nur selbst aus sich machen. Die Natur lässt den Menschen in einem gewissen Stadium seiner Entwicklung aus ihren Fesseln los; die Gesellschaft führt diese Entwicklung bis zu einem weiteren Punkte; den letzten Schliff kann nur der Mensch selbst sich geben.“

Im ersten Teil dieser Schrift führt Steiner den Leser in einen Selbsterkenntnisprozess der in ihm wirkenden und ihn prägenden natürlichen und gesellschaftlichen Kräfte. (Bedürfnisse des Leibes, Vererbung, kulturelle Prägung, Sozialisation, u.s.w.)


Das potenziell freie Wesen des Menschen sieht Rudolf Steiner in der Tatsache, dass in jedem Menschen eine latente Kraft ruht, die er als eine Kraft der Liebe in geistiger Art bezeichnet, die im Denkprozess, also im Erkenntnisprozess in selbstloser Art warm in die Erscheinungen des Lebens untertaucht. (Vorurteilsfreies befragen der Phänomene – wenn ihr nicht werdet wie die Kinder...Johannesevangelium)


Je mehr es einem Menschen gelingt diese seine ihm zunächst selbst verborgene Fähigkeit und Kraft zu entdecken und zu entfalten, je mehr wird er die soziale Einsamkeit und Trennung überwinden können in die er, durch Lebenserfahrung und gesellschaftliche Prägung, zu geraten immer in Gefahr ist.

Dies trifft auch auf Menschen mit Behinderung zu. Auch sie suchen ihr Innerstes zur Entfaltung zu bringen, das Samenkorn schöpferischer Freiheit und Liebe. Sie haben es schwerer weil die Leiblichkeit oft nicht genügend die notwendigen Bewusstseinsprozesse ermöglicht. Es bleiben dafür teilweise Kindheitskräfte erhalten, die wir verloren haben, die aber für das soziale Leben wesentlich sind (z.B. Vertrauen) Die soziale Umwelt kann diesen bewusstseinspiegelnden Teil der Leiblichkeit stellvertretend bilden. Damit findet sie die Kräfte, die ein heilsames Zusammenleben ermöglichen.
Menschen mit Behinderung bewirken in diesem Sinne innerhalb der Gesellschaft etwas Bedeutsames. Ihre Schicksal hebt Fragen nach dem Wesen des Menschen und nach dem Sinn des Lebens in einer Qualität ins Bewusstsein, die nachhaltig die soziale Wirklichkeit in der Gesellschaft beeinflussen und gestalten.
Diesen Aspekt wollen wir später fortführen.

Wir haben in unserer Kultur zahllose Anregungen wie z.B. den Faust oder das Goethesche Märchen, die geeignete Fragen zur Problematik der menschlichen Biographie wachrufen können.


Sie wissen das in Kürze in der Lebensgemeinschaft wie alljährlich in der Weihnachtszeit wieder die drei Weihnachtsspiele aufgeführt werden. Sie beinhalten so etwas wie Urphänomene der menschlichen Biographie.
Insofern liegt die wirkliche Bühne des Geschehens in jedem Menschen.


Das Paradeisspiel, das die Geschichte des Sündenfalls erzählt durch das verbotene Essen vom Baum der Erkenntnis, behandelt in imaginativen Bildern das Grundproblem der Erkenntnis im Schicksal des Menschen. Durch Erkenntnis werden wir Individualitäten, Persönlichkeiten. Durch Erkenntnis lösen wir uns aus dem Lebenszusammenhang und behaupten unseren Standpunkt. Der Begriff der Sünde bezeichnet die Trennung aus dem Gesamtzusammenhang und den damit verbundenen Irrtum. Die Erkenntnis ist aber ein notwendiger erster Schritt auf dem langen Wege zu schöpferischer Freiheit. (Jetzt ist alles erkennen Stückwerk, später aber werden wir von Angesicht zu Angesicht erkennen. (1.Kor.13)


Das Christgeburtsspiel behandelt die Frage der Liebe. Zu der Erkenntnis des Kopfes kommt das Verständnis aus den Kräften des Herzens und es entwickelt sich eine schöpferische soziale Gestaltungskraft aus moralischer Phantasie.
Die Herzenskräfte werden uns bis zu einem bestimmten Punkt in der Biographie geschenkt.
Die ersten drei Jahre des Kindes sind durchstrahlt von diesen Kräften, sie begleiten den Menschen dann mehr oder weniger in der Gestalt von Liebes- Vertrauens- und Begeisterungskräften bis zu seinem 28 Lebensjahr. Danach muss er sie sich selbst erarbeiten.


In besonderer Weise tritt dieses ureigenste innerste Wesen des Menschen in Erscheinung in der schicksalhaften Begegnung zweier Menschen, die sich durch die Liebe erkennen und ihr zukünftiges Leben gemeinsam gestalten wollen. Hier erweist sich dieses innerste Menschenwesen solange es zur Erscheinung kommt als wandlungsfähig, opferfähig und schöpferisch.
Es gehört zu seinem Wesen, ja es macht sein Wesen aus, dass es künftig in jedem Moment neu gesucht und gefunden werden muss und gefunden werden kann.

Das Drei Königsspiel behandelt das Problem der Macht. Die aus bloßer Abstammung, Lebenserfahrung und intellektueller Erkenntnis erlangte Fähigkeit und Macht kann im sozialen nicht heilsam wirken. Sie schafft mehr oder weniger starre Regeln, will Besitzstände und Macht bewahren. Die bloße Frage des Verzichts, der Opferfähigkeit, der Wandlungsfähigkeit, des Verständnisses des fremden Willens erzeugt Abwehr, Unmut und Angst.


In der ersten Hälfte unserer Biographie müssen wir lernen, müssen uns Erkenntnisse aneignen und Erfahrungen sammeln, wir müssen unsere Persönlichkeit bilden und dann kommt die große Aufgabe in der zweiten Hälfte unserer Biographie: wie finden wir die Brücke zum Anderen, zum Fremden wie gestalten wir das Soziale. Auf dem Grunde dieser Entwicklung lebt latent die Frage nach dem Sinn des Lebens.

In der heutigen Zeit die Rudolf Steiner als Bewusstseinsseelenzeitalter charakterisiert hat, ist es zur Gestaltung der sozialen Fragen in einer globalisierten Welt immer dringender notwendig geworden sich der Frage nach dem Menschenwesen und dem Sinn des Lebens zu stellen. Es ist notwendig geworden wegen der drängenden wirtschaftlichen Probleme und der damit zusammenhängenden Fragen der sozialen Verantwortung und es wird immer notwendiger werden die in der Biographie wirkenden Kräfte zu pflegen und zu entwickeln in gesundheitlicher Hinsicht.
Die intellektuelle Erkenntnis vereinsamt den Menschen, sie nimmt ihn gleichsam in seinem Kopf gefangen. Die in Atem und Herzschlag strömende Mitte droht zu erstarren, so wie Liebe und Mitgefühl zu veröden drohen. Geduld und Vertrauen in die langsam wachsenden und reifenden Kräfte des Menschenwesens gilt es zu erwerben.
Die Einseitigkeit der bloß intellektuellen, zweckgerichteten Erkenntnis wird dem konkreten Einzelmenschen nicht gerecht und begräbt seine Menschenwürde in Statistiken.


Wie erleben wir unser Leben? Leben wir in einer offenen Stadt ohne Stadtmauer oder in einer Burg in der wir bei Bedarf die Zugbrücken hochziehen? Wie viel Interesse können wir uns Fremdem entgegenbringen. Wie viel Verständnis erwächst uns aus unserem konkreten Interesse? Wie viel Mitgefühl? Wie viel Liebe?
Erst durch letzteres entstehen heilsame Lebenswirklichkeiten – sie wirken im Atem- und Herzrhythmus.


Eltern von Kindern mit Behinderung haben besondere Erfahrungen in ihren Biographien. Es sind in der Regel keine leichten Erfahrungen. Da gibt es dramatische Krankheitsverläufe, Sorgen um die Entwicklung, Sorgen um die Zukunft, soziale Probleme im näheren und weiteren Umfeld, Ausgrenzung, Fragen nach dem Sinn, Hoffnungslosigkeit und Hoffnung.
Es wird dabei wie bei allen Eltern etwas angeregt; die Sorge um das Kind. Die Sorge um das Kind mit Behinderung ist größer als die Sorge um andere Kinder. Diese Sorge ist eine Kraft die aus den Herzenskräften kommt und die Gedanken bewegt auf der Suche nach den besten Hilfen für die Entwicklung des Kindes. Sie ist bereit vieles auf sich zu nehmen, auf vieles zu verzichten, um diese Hilfen zu finden. Die Herzenskräfte verbinden sich mit denen des Kindes, es wächst ein großes von Sorge getragenes Interesse an dem Fremden - der Behinderung, der Krankheit,- um sie zu überwinden. Der Hoffnung wachsen Flügel und doch droht immer wieder der Absturz. Eine ganz besondere Brücke bildet sich da von den Eltern und insbesondere von der Mutter zum Kind. Sie hilft über manche Krise und gibt dem Kind die Wärme, den Halt und die Sicherheit die es braucht.


Auch für die Menschen, die sich als Mitarbeiter von Einrichtungen mit dem Schicksal von Kindern und Erwachsenen mit Behinderung verbinden kann jede einzelne Begegnung etwas von den Tiefenkräften der Seele in der Biographie aufrufen.
In der Übung der Kinderbesprechung in den anthroposophischen heilpädagogischen Einrichtungen, lernt man der Biographie eines zunächst fremden Menschen nachzugehen, indem sorgfältig dessen Leben nachgezeichnet wird. Geschieht das in der rechten Haltung, verändert sich etwas in den anwesenden Mitarbeitern. Aus dem aus Erkenntnis gewonnenen Mitgefühl und aus den Herzenskräften kann sich -heute noch anfänglich- die aus Freiheit schöpferische Kraft entfalten, die Rudolf Steiner als Kraft der Liebe in geistiger Art bezeichnete, die warm in die Erscheinungen der Welt untertaucht.
Was bei den Eltern von Menschen mit Behinderung, durch das besondere Schicksal angeregt, sich entfaltet, muss von den Mitarbeitern bewusst erübt werden.
Eine wesentliche Aufgabe für die Gegenwart und Zukunft liegt in dem Bewusstwerden, dass Angehörige, Menschen mit Behinderung und Mitarbeiter eine gemeinsame gesellschaftliche Aufgabe haben.
Die durch die Menschen mit Behinderung zusammengeführten Angehörigen und Mitarbeiter müssen sich gleichermaßen von der Vorstellung befreien, es sei diese Beziehung nur eine professionelle.


Rudolf Steiner erhoffte von den heilpädagogischen Einrichtungen und den Dorfgemeinschaften, dass sie Kulturkeimzellen werden. Kulturkeimzellen in dem Sinne, dass dort im Sinne der Philosophie der Freiheit die innersten Kräfte des Menschenwesens gesucht und zur Entfaltung gebracht werden. Dazu ist das erüben einer Selbsterkenntnis notwendig, die den Mut und die Geduld hervorbringt, die eigenen Befangenheiten zu erkennen, zu wandeln und zu opfern. – so wie die Schlange in Goethes Märchen durch ihr Opfer die Welten wieder verbindet.
Nicht zu schauen was behagt, sondern was ist; sagt Goethe. Dann erst wird sichtbar was die Zukunft hofft. Wenn wir in die soziale Gegenwart schauen, können wir in unserem Innern hören was die Zukunft hofft. Wir sind Meister der Auseinandersetzung, können wir auch zusammensetzen? Können wir voneinander lernen in der Begegnung, nicht nur von Kopf zu Kopf, auch von Herzschlag zu Herzschlag? Wie schlagen die Herzen nach der Begegnung von Mensch zu Mensch, von Kultur zu Kultur?
Salutogenese meint eine soziale Umwelt die heilt weil sie gesund ist. Wir brauchen nicht nur eine Erkenntnis von Krankheit und Behinderung, wir brauchen auch ein Verständnis und ein erüben gesunder sozialer Prozesse. Wie gehen wir miteinander um? In der Begegnung kann Wesentliches geschehen, wenn wir nicht in unseren Gewohnheiten, Erfahrungen und Ängsten stecken bleiben.
Wie gestalten wir Begegnung und Zusammenleben so, dass das eigentliche Menschenwesen gepflegt wird und sich entfalten kann?
Es ist das heute eine gesellschaftliche Aufgabe geworden. Menschen mit Behinderung tragen diese Frage nach dem Menschsein, nach der Menschlichkeit in die Gesellschaft. Sie bringen sie nicht als eine intellektuelle Frage nur des Kopfes, sie bringen sie mit ihrem ganzen Menschenwesen, mit ihrer Bedürftigkeit. Gehört es vielleicht zu ihrer Würde, zu ihrer Aufgabe?


Jeder Mensch ist in seiner Entwicklung hilfsbedürftig, auch Angehörige, auch Mitarbeiter. Wir haben unterschiedliche Aufgaben, unterschiedliche Fähigkeiten, unterschiedliche Bedürftigkeiten. Zur Gestaltung gesunder sozialer Prozesse im Sinne der Salutogenese brauchen wir einander, haben wir eine gemeinsame Aufgabe. Unsere Freunde mit der offensichtlichen Behinderung fragen uns scheinbar Nichtbehinderte nach der Würde des Menschen. Sie ist immer eine Frage nach dem Einzelnen, dem individuellen Schicksal, nach der Beziehung von Mensch zu Mensch.


 

Bildung zur Freiheit und soziale Zukunft

Der Mensch ist ein sich entwickelndes Wesen. In der Entwicklung drückt sich sein Wesen aus, es schafft sich seine ihm gemäße Form fortwährend neu. Ist eine Entwicklung abgeschlossen, eine Form gefunden, ein Bewusstseinszustand erreicht, beginnt sogleich, zunächst noch ganz unbemerkt, der Aufbruch zu neuen Ufern. Wenn man manchmal meinen könnte, es gäbe Zeiten des Stillstandes, der Stagnation, so fehlt nur der genaue Blick, die unaufhaltsam strömenden Lebensprozesse, die den Leib immerfort umformen und die verborgenen Impulse der Seele, die das Leben antreiben zu bemerken.
In denselben Fluss steigst du kein zweites Mal, sagt Heraklit. Hier liegt eine zuweilen still, zuweilen mächtig und ohne Unterlass vorwärts drängende Kraft dem Menschenwesen zugrunde. Wer könnte den Alterungsprozess auch nur um eine Sekunde anhalten. Bei genauem Hinsehen wird man bemerken wie mit dem Strom des Lebens die Aussicht sich verändert, das Bewusstsein ein anderes wird. Wie man bei einer Flussfahrt in immer neuen Gegenden sich wiederfindet, so machen wir in unserem Lebensschiff Lebenserfahrungen und lernen die Welt immer tiefer erkennen.
Was ist das für eine Kraft, die sich in der Entwicklung der Welt und eines jeden Menschen ausdrückt? Sie ist offensichtlich wirksam in dem was wir Zufall nennen. Rudolf Steiner sprach vom „Lebensschicksalsweben“. Mein Lebensschicksal verwebt sich –wer verwebt?- mit den Schicksalen anderer Menschen.
Im Verlauf des Lebens gelingt es vielleicht ein ganzkleinwenig die Kraft zu steuern, die das eigene Leben zur Entwicklung bringt. Nun zeigt eine genaue Beobachtung, wie sich diese Kraft verschiedener Medien bedient, um wirksam werden zu können. Da sind der Erbstrom und die daraus hervorgehende Leiblichkeit, die räumliche und soziale Umgebung, die Erziehung, Denken, Fühlen und Wollen, die Sprache, um nur die Wesentlichsten zu nennen.

Wer ist dieses Menschenwesen? Bin ich es selbst? Wenn ich es selbst bin, dann erkenne ich mich in dem Maße, wie die Entwicklung der genannten Medien zur Bewusstseinsbildung dies zulassen. Dann bin ich keiner Nation, keinem Geschlecht, keiner Partei, keiner Konfession verhaftet. Ich verdanke dem allem mein gegenwärtiges Bewusstsein, aber ich bin mehr, kann mehr werden, ich bin Mensch, kann Mensch werden. Alles andere ist nur ein Gewand. In allen Ichen lebt das Ich Bin des Christus. Wobei dieses Ich heute noch nicht das ich unseres gegenwärtigen Alltagsbewusstseins ist, aber es will in ihm immerfort geboren werden. – Die Waldorfschule hat den Auftrag die Schüler so zu erziehen / zu bilden, dass Freiheit möglich wird. Der Bildungsauftrag ist kein politischer, darf kein politischer sein. Der Bildungsauftrag kommt aus dem Urbedürfnis des Menschenwesens nach Selbsterkenntnis.
Sich selbst zu verwechseln mit der Nation, der Familie, dem Geschlecht, der Position, in der man darinnensteckt, schafft ein unfreies Bewusstsein. Man ist nicht Mensch, man ist nur Angehöriger eines Volkes, nur Mann, nur Frau, man ist nicht Mensch, man ist nur Geschäftsführer, nur Direktor, nur Arbeitnehmer. Als solcher steht man den Menschen und dem Christus ferne. ---
Das Bewusstwerden des eigenen Menschseins in der Schicksalsrolle die man sich geschaffen hat, verbindet den Menschen mit dem Menschen, den Menschen mit Christus, mit allen Menschenichen. Wo zwei oder drei in meinem Namen zusammen sind...... im Bewusstsein des Ich Bin.... der Weg....... .
Eine Ahnung freier schöpferischer Möglichkeiten in der Gestaltung der Welt zeigt sich am Horizont und damit eine Erlösung aus der Gefangenschaft in einer Rolle. Menschenbildung, Menschwerdung in diesem Sinne darf kein theoretisches Ideal sein, es will heute zur Lebensrealität werden. Nur wenn Menschen den Menschen begegnen können, wird Globalisierung heilsam, wird die bedrohliche Weltenkrise die sich täglich mehr offenbart, durch schöpferische moralische Phantasie in langer geduldiger Anstrengung zu bewältigen sein. Es ist schon längst an der Zeit! Wir spielen aber immer noch selbstgefällig, machtversessen, verschlafen, ängstlich und phlegmatisch unsere alltäglichen Rollen. Was kann der Einzelne schon tun. Man ist ja abhängiger Zeitgenosse – unfrei...
Die schicksalwebende Kraft, sind wir es nicht selbst?
Was dem Menschen möglich ist, haben wir in jüngster Zeit immer wieder auf der Weltbühne gesehen, bewundert, aber nicht als Aufforderung verstanden. Die Beispiele von Albert Schweitzer, Mahatma Ghandi, Dag Hammerskjöld, Mutter Theresa, Nelson Mandela und vielen! anderen bekannten und weniger bekannten Menschen. Eine neue Bewusstseinskraft will sich seit dem Anfang des letzten Jahrhunderts entfalten. Bleibt sie nur Kraft und kommt sich nicht zum Bewusstsein, werden die sozialen Katastrophen in der Welt zunehmen und in immer größeres Chaos führen.

Wozu erziehen wir die Kinder in den Schulen? Haben wir ihnen schon eine Rolle vorgegeben? Was sind die wirksamen Gedanken die zu der Einführung einer Bildungsnorm, eines qualitätsgesicherten Schulabschlusses führen? Fehlt das Vertrauen in das Menschenwesen? Die Voraussetzungen in der Entwicklung sind äußerst individuell. Die Biographien einiger bedeutender Persönlichkeiten zeigen, dass die Art der Ausbildung und Beurteilung durch die jeweiligen Schulsysteme den Fähigkeiten des Individuums nur eingeschränkt gerecht werden.
Fördert unser heutiges Bildungs- und Berufssystem nicht das Gefangenwerden in Rollen?
In der Heilpädagogik ist das Ziel immer den individuellen Menschen da abzuholen, wo er steht und ihn seinem Schicksal gemäß soweit als möglich zu fördern. Das gleiche Ziel haben Gemeinschaften, die erwachsene Menschen mit Behinderung betreuen. Wer die Arbeit über Jahre verfolgen kann, wird staunend wahrnehmen welch ungeahnte Entwicklungen möglich werden. Menschen mit Behinderung entfalten Möglichkeiten die man sich nicht vorstellen konnte. Im „Lebensschicksalsweben“ entsteht ein auf die Achtung des Individuums aufgebauter sozialer Raum, der Entwicklung bis in das hohe Alter zum Ziel hat und fördert.
Zeigt uns der soziale Raum unserer Gesellschaften nicht ein Bild der Hilflosigkeit und Unkenntnis in Bezug auf die Förderung des individuellen Menschen und seines Urbedürfnisses? Sind wir nicht gefangen in einem Gesetzes- und Versicherungsnetz, das weitgehend unfähig ist das einzelne konkrete Schicksal zu berücksichtigen?

Die Erziehung zu guten Staatsbürgern, die einmal die notwendigen Rollen in der sich globalisierenden Welt ausfüllen können, wird in den Gremien der Kultusministerien im Hinblick auf die Bedürfnisse der Wirtschaft immer ausgeklügelter geplant. Haben wir aber auch eine zeitgemäße Erkenntnis des Menschenwesens, das wir bilden wollen, oder begnügen wir uns mit Teilerkenntnissen und lassen das ganze Wesen außen vor? Wir werden uns die Unkenntnis und das Misstrauen in das Menschenwesen nicht mehr lange leisten können. Goethe, Schiller, Steiner, um nur drei herausragende Denker zu nennen, haben wesentliches in der Erkenntnisarbeit geleistet. Hat sie aber auch auf dem praktischen Felde des Bildungswesens Berücksichtigung gefunden? Sie wird schlicht für nutzlos gehalten, um Menschen für die heutige Arbeitswelt zu bilden. Der einseitige Blick auf den menschlichen Egoismus prägt bis heute die Weltanschauung, die unserer Wirtschafts- und Bildungspolitik zugrunde liegt.

Der Gedanke, dass Menschen für Menschen arbeiten zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse, wird nicht wirksam, er wird für naiv gehalten. Wirksam ist der Gedanke: man arbeitet, um Geld zu verdienen. Jeder ist sich selbst der Nächste.

Wenn Katastrophen hereinbrechen, kann man bemerken, das dies zu einem großen Teil nicht stimmt.

In einer Gemeinschaft mit behinderten Menschen ist das Bedürfnis groß, füreinander zu arbeiten, füreinander da zu sein, wenn wir es nicht behindern im guten Glauben, diese Naivität heilen zu müssen im Sinne eines zeitgemäßen Egoismus. Wir haben viel lernen dürfen von unseren behinderten Freunden. Manchmal kommt der Gedanke, dass die Heilpädagogik und mit ihr die behinderten Menschen eine gesellschaftliche Aufgabe haben, der Gesellschaft etwas Wesentliches geben können. Rudolf Steiner sprach von den heilpädagogischen Gemeinschaften als von Kulturkeimen. Während des letzten Weltkrieges arbeiteten Menschen verschiedener Nationen in solchen Keimzellen zusammen in dem Bewusstsein, das unsere Kultur neue Impulse braucht zur Gestaltung der sozialen Zusammenhänge. Viele Gemeinschaften entstanden in der Folge in der ganzen Welt, in denen mit Idealismus, Opferbereitschaft und großem Einsatz neue soziale Formen erübt wurden. Eine Spiritualisierung der Kultur, die Berücksichtigung des Individuums im Umgang miteinander, brüderliches Wirtschaften. Ein alter Hut?? Nein, der einzige Weg in eine gesunde soziale Zukunft. Was ist aus den Keimzellen geworden?
Sie sind kaum wiederzuerkennen und kümmern gerade noch vor sich hin, kurz vor dem Ersticken, im Würgegriff der Bürokratie.

Man stelle sich eine Initiative vor, die menschheitliche Ideale in der Welt wirksam werden lassen will, wie die von Mutter Theresa und überschütte sie mit einer ständig zunehmenden Papierflut bürokratischer Vorschriften, führe die Qualitätssicherung ein und zu guter Letzt den Dienstplan.
Den tätigen Menschen werden die Flügel gestutzt, der Initiative wird ein Rahmen gesetzt, den Idealen wird ein Riegel vorgeschoben. Jetzt erst wird sie der Bürokratie geheuer, denn jetzt wird sie berechenbar.
Natürlich, jeder Vergleich hinkt, man kann die Arbeit in heilpädagogischen und sozialtherapeutischen Einrichtungen nicht mit dem Engagement von Mutter Theresa vergleichen. ....Wirklich nicht? ...Wohl nicht, weil die Ideale unter der Fülle bürokratischer Vorschriften, schon weitgehend vertrocknet sind.
Sieht es so oder ähnlich nicht auf allen Gebieten des gesellschaftlichen Lebens heute aus?
Wir haben keine Wirtschaftskrise, wir haben eine schwere Krise in der Entwicklung unseres Denkens! Das gesellschaftliche Leben erstarrt immer mehr in Formen, die freies Denken und freie Initiative behindern und ersticken. Sie sind ja nicht verboten, sie werden nur erstickt. Das Grundrecht z.B. auf freie Wahl des Wohnortes, theoretisch gilt es ja für alle Bürger. Nur leider wurde es für Bürger mit geistiger Behinderung bei der Planung der Finanzierungswege nicht berücksichtigt. Der Aufenthaltsort ist vom Ermessen des Kostenträgers abhängig. Wie bitte? Wer ist denn der Kostenträger? Eigentlich doch der Steuerzahler. Weiß der was da geschieht? Wenn ja kann er Einfluss nehmen? Wie ist das mit der Demokratie und den Menschenrechten? Sie entfernen sich zunehmend vom Bürger. Direkte Demokratie, mehr Mitbestimmung, mehr Selbstverwaltung, mehr Vertrauen in das Engagement, in die Ideale, in die schöpferische Kraft der Menschen, ohne sie werden alle Reformen die alten Verhältnisse nur noch mehr zementieren. Ein neues Denken müssen wir üben.

Axel Müller 23.11.2003


 

Zukunftsperspektiven für die Entwicklung sozialer Gemeinschaften

Im Zeichen der Globalisierung suchen die Staaten der Welt ihre Beziehungen untereinander neu zu regeln. Die Ausgestaltung dieser Beziehungen ist gegenwärtig ausschließlich von wirtschaftlichen Interessen und Notwendigkeiten geprägt. Dazu zählen auch Sicherheits-, Einfluss- und Machtinteressen. Diese Bestrebungen zeigen ihre Wirkungen in den raschen Veränderungen der großen Wirtschaftskonzerne und den ebenso raschen Veränderungen der politischen Grundhaltungen der Staaten z.B. durch eine immer notwendiger werdende gemeinsame Wirtschafts- und Sicherheitspolitik. Ein großes Problem in der Entwicklung der letzten 50 Jahre liegt in dem zunehmenden kulturellen Identitätsverlust der Völker und Nationalstaaten. Da dieser Verlust durch den Kampf der führenden Weltmächte um Einflusszonen und die Bedingungen der sich ungezügelt und rücksichtslos entwickelnden Weltwirtschaft erzwungen wurde und noch wird und weil keine positive kulturelle Entwicklung zur Überwindung des Identitätsverlustes  möglich war, sind krisenhaft kulturelle Scheinidentitäten entstanden, die sich wie Krebsgeschwüre ausbreiten und die soziale Entwicklung weltweit beeinträchtigen und bedrohen. Darwinismus und  Kapitalismus haben sich zusammen mit einer rein materialistischen Weltauffassung als treibende und inspirierende Kräfte durchgesetzt und die kulturelle Entwicklung des einzelnen Menschen und die von Menschengemeinschaften, zugunsten von Effektivität und Systementwicklung von Wirtschaftsabläufen, vernachlässigt. Auf diese Entwicklung kann aufgrund ihrer Eigendynamik nur schwer Einfluss genommen werden.

In Europa stellt sich die Situation etwas anders dar aber in ihren unmittelbaren Folgen nicht weniger dramatisch. Mit der Ausgestaltung europäischen Rechts, das ja über dem Recht der Mitgliedsstaaten steht, kommt eine Form von Zentralismus und Dirigismus in jeden Winkel des öffentlichen Lebens, wie sie früher nur von kommunistischen Ländern und anderen Diktaturen bekannt war. Das reicht bis in die vorgeschriebene einheitliche Größe der Mülltonnen in den Kommunen. Von sehr großer Bedeutung wird das Abkommen zum Handel mit Dienstleistungen GATS  sein; mit weitreichenden Folgen für die soziale Entwicklung in den Mitgliedsländern. Es verbietet die Subventionierung gemeinnütziger Einrichtungen in jeder Hinsicht. Diese sollen privatisiert und kommerzialisiert werden und nach marktwirtschaftlichen Gesetzen im Wettbewerb mit anderen kommerziellen Anbietern arbeiten. Die Vorbereitungen sind bereits seit Jahren im Gang.

Auch hier ist ein zunehmender Identitätsverlust zu bemerken. Er trifft hier nicht ganze Völker, sondern soziale Initiativen. Das Selbstverständnis dieser Initiativen war früher geprägt von einem religiösen oder humanistischen Menschen- und Weltbild.

Wir begannen erst vor wenigen Jahren nach langem schmerzlichen Versagen und den damit verbundenen Erfahrungen, in unserer Gesellschaft zu lernen, den einzelnen Mensch in seiner jeweiligen konkreten Schicksalssituation  wahrzunehmen. Werden wir diesem zarten Pflänzchen zu weiterem Wachstum verhelfen können? Systeme nehmen auf Individualität keine Rücksicht, sie passen Individualitäten an oder scheiden sie aus. Der Traum von einer Designerwelt mit maßgeschneiderten Menschen und Wirtschaftssystemen mit berechenbarem stetem Wachstum und zunehmendem Wohlstand hat erst begonnen und es ist zu befürchten, dass er durch soziale Katastrophen noch lange nicht zu erschüttern sein wird. Er könnte aber zu einem Albtraum werden.....

Soziale Kunst

Die menschhheitliche Geschichte ist eine Entwicklung von Sozialordnungen, die bis zum Auftreten der griechisch-römischen Kultur noch aus spirituellen Kräften, aus Mysterienkräften gestaltet wurde. Von einem magischen Einverwobensein in die Natur führte der Weg über die Entwicklung von Ackerbau, Viehzucht und Handwerkskunst zu kultivierten Formen der Ernährung, Behausung und Bekleidung. Der Mensch erwacht durch Jahrtausende nach und nach zu sich selbst, er wird auf der Erde heimisch. Allmählich verliert er die Verbindung seines Lebens mit dem der Natur und das instinktive Bewusstsein für den Zusammenhang mit dem Weltenorganismus zieht sich zurück. In dem Maße, in dem der Mensch seine Individualität entwickelt, geht ein Kindheitszustand der Geistverbundenheit zu Ende,. Die Religionen entstehen im Fortgang der Bewusstseinsentwicklung und suchen, die Brücke zu bilden zur Vergangenheit und zur Zukunft.

Die Bewusstseinsentwicklung folgt keinem System sondern Prozessen mit eigenen Gesetzen Leib, Seele und Geist betreffend. In der Natur findet man Ähnliches in der Entwicklung des Jahreslaufes: Keim > Blatt > Blüte > Frucht > Verfall > Chaos > Metamorphose.

Auch Kulturen folgen diesem Verlauf. Unsere Sozialordnungen sind vielfach schon in den Zustand des Chaos übergegangen. Aber auch unsere ganze Kultur, die Wissenschaft, Kunst und Religion scheint sich in diesem Zustand zu befinden. Das Verwelken, der Verfall ist gekennzeichnet durch den Verlust gestaltender Kräfte, er führt zur Auflösung, in das Chaos. In dem Chaos wird wieder eine Durchdringung mit schöpferischen Kräften möglich, die zu einer Metamorphose und Neugestaltung führt.

Die Menschheit ist erwachsen geworden, unsere gewohnten Verhaltensweisen und Handlungen sind schon lange nicht mehr vom Geist getragen. Sie folgen notwendig dem Verfall. Wir müssen den verlorenen Geist suchen und lernen, jeder Einzelne für sich, die Verantwortung für die Entwicklung des sozialen Lebens in unserer Gesellschaft durch die eigenen Handlungen zu tragen.

Vor zweitausend Jahren pflanzte sich ein neues, bis dahin unbekanntes Samenkorn in die Erde, das heute in seiner Entwicklung bereits eine Metamorphose durchlaufen hat und jedes individuelle Bewusstsein in dem gegenwärtig beginnenden Chaos zu einer schöpferischen Neugestaltung befruchten kann.

Ich bin - nicht arm, nicht reich - nicht Mann, nicht Frau - nicht behindert, nicht gesund - gehöre keiner Schicht und keiner Nation an - ich bin, der ich bin - ich bin der Weg die Wahrheit und das Leben. -  Wer das größte Wissen hätte, über die meisten Fähigkeiten verfügte, die besten Systeme erschaffen könnte.... hätte er keine Liebe, so hätte er nichts. Nichts von Bedeutung für die soziale Entwicklung.

Zur Neugestaltung des sozialen Lebens muss eine soziale Kunst entstehen können, die den Menschen in seinem individuellen Schicksal erkennen und akzeptieren lernt. Die Globalisierung wird dann fruchtbar wenn sie den Erdenorganismus als Entwicklungsort sozialer Kulturen schätzen und schützen will und dieser Aufgabe die wirtschaftliche Entwicklung dienend zur Seite stellt.

Wie jede Kunst braucht auch die Soziale ihre Inspirationen, einen schöpferischen Freiraum, Hilfsmittel und Material. Die Inspirationen werden auf der Suche nach dem Geist gefunden, den schöpferischen Freiraum gewährt die Gesellschaft wenn sie einen Wert in dieser Kunst zu erkennen vermag.

Das Material? Nun, das Material für die soziale Kunst ist das Leben, ist das Schicksal, sind die Menschen – sind insbesondere die Probleme, das Unvollkommene, das Kranke, das Störende.

Das Mittel zur Gestaltung ist die schöpferische Kraft der Liebe. 

Was will das Schicksal von mir? Die Antwort lässt sich nur mit einer ehrlichen und gewissenhaften Suche nach dem Geist ergründen. Was soll ich daraus machen?

Nur das wirkliche unsentimentale Erfahren, Erleiden, Miterleiden führt zu einem kräftigen Wollen, zu einem Suchen, zur Inspiration, zum Verständnis. Jetzt aber kommt ein Abgrund mitten im Chaos: kann ich das? Habe ich den Mut, finde ich die Demut, um Inspiration zu bitten, zu ringen? Wird der Geist gefunden, wird auch die schöpferische Kraft der Liebe gefunden.

Dieser Geist lässt sich nicht Qualitätssichern, es gibt kein System, das ihn enthält, er will in jedem Alltagsproblem, in jeder Begegnung neu gesucht werden. Dann wird er gegenwärtig.

Dorfgemeinschaften können Keime sozialer Erneuerung sein, denn dazu wurden sie gegründet. Sie dürfen ihre Identität nicht im Sog des Verfalls und des Chaos verlieren, sondern diese Identität weiterbilden um Brücken bauen zu können zum Geist der Vergangenheit, zum Geist der Gegenwart und zum Geist der Zukunft. Unsere behinderten Kollegen und Freunde, ihre Angehörigen und alle übrigen Mitarbeiter stehen vor dieser Aufgabe neue soziale Formen zu bilden. Nicht ein System, nicht eine Funktion, der sich entwickelnde Mensch und die ihn tragende und ernährende Erde stehen im Mittelpunkt allen Lernens, aller Bemühungen.

Dorfgemeinschaft als eine mögliche Keimzelle sozialer Erneuerung im Zeitalter der Globalisierung. Kann das sein? Ein grotesker Abgrund scheint sich beim bloßen Vergleich der Dimensionen aufzutun. Mut zur Demut wird zuvor als eine neu zu erringende Tugend erkannt werden müssen. Worauf es ankommt kann nur der Einzelne geduldig sich erringen, um dann mit Anderen gemeinsam soziale Kunst zu gestalten, zunächst im Kleinen, später einmal dann im Großen. Bescheidenheit tut Not angesichts der zeitlichen Dimension menschheitlicher Entwicklung. Andererseits braucht es Mut und Entschlossenheit, denn was heute nicht getan wird, ist vielleicht verloren.

Wir können helfen, dass unsere kleinen und großen Gemeinschaften ihre Identität nicht im Sog des Zentralismus und der Gleichmacherei verlieren, sondern sie vertiefen und entwickeln. Diese Hilfe ist notwendig und wir erbitten sie auch von unseren Angehörigen und insbesondere von unseren Politikern und den Vertretern der Behörden, die darüber entscheiden können, ob es auch in Zukunft noch geschützte Freiräume (Modellklauseln) zu sozialer Gestaltung geben wird oder die wenigen noch Bestehenden weiter eingeengt und schließlich dem System geopfert werden.

Sassen / Richthof 15.05.2002

Axel Müller


 

TQMS - Der Geist des neuen Zeitalters

(Vorsicht Satire. Ein Gedanke dieses Pamphlets enthält 70 % Ätzstoffe, der Rest reizt die Lachmuskeln, sagt der Bundesqualitätsminister)

Prolog ...und dem Abgrund entstieg ein TQMS und es hauchte mich mit seinem Atem an und ich vernahm seine Gedanken. "Wollt ihr verbindlich und für immer die totale Qualität"? Und es nahm einen Stift, um ihn in mein Blut zu tauchen...

In vergangenen Geschichtsperioden waren die Qualität und Entwicklung menschlicher Beziehungen immer wieder gefährdet durch die ketzerische Vorstellung, die Qualität sozialer Prozesse habe etwas mit der Entwicklung eines freien Menschengeistes zu tun und dieser freie Geist verfüge dann über schöpferische Kräfte mit deren Hilfe er, aus der Quelle der Erkenntnis und der Liebe, alle menschlichen Ordnungen immer wieder neu gestalten könne.  Diese Vorstellungen wirkten wie Opium durch die Jahrhunderte und vernebelten viele Gemüter und selbst gescheite Köpfe. Nicht einmal mit Feuer und eiserner Disziplin gelang es die Irrgeister der Vergangenheit auszurotten. Es gab sogar herbe Rückschläge. Man denke nur an Goethe und Schiller, die noch bis in das vergangene Jahrhundert verehrt wurden und erst heute endlich in Vergessenheit geraten.

Wir haben endlich gelernt, mit Hilfe der modernen Naturwissenschaft, den Menschen zu entzaubern und als das zu erkennen was er ist: ein Produkt komplexer chemischer und biologischer Entwicklungsvorgänge. Die Qualität dieser bio-chemischen Vorgänge bildet die Grundlage für die Ethik und die Moral des Menschen. Die Konditionierung der auf dieser gesicherten Grundlage gebildeten Psyche führt zu einer wiederum gesicherten Qualität menschlichen Zusammenlebens. 

   - Das Neue Zeitalter -
Motto der Sozialarbeit
QSE - Qualität Sichern und Entwickeln.
Schnell, satt und sauber runterbrechen

Total Quality Organisation Corporation GmbH  (GehstemitbisteHin)

(Früher Lebensgemeinschaft)

Leidbild

Die Total Quality Organisation ist eine lernende Organisation, welche die in ihr tätigen Menschen in effizienter Weise konditioniert, die jeweils aktuellen beliebigen Ziele, kostengünstig und effektiv, sicher zu erreichen. Die Qualität der Prozesse steigert sich berechenbar im Verhältnis zur Laufzeit. Die Organisation ist in der Lage, 66,6 % der tätigen potentiellen Fehlerquellen (früher Mitarbeiter) bereits nach drei QSE – Durchläufen auf 98 % fehlerfreies funktionieren zu konditionieren. Der Rest wird so stimuliert, daß er ohne Schäden zu verursachen, in Erkenntnis seiner Diskompatibilität, sich anderen Systemen zur Verfügung stellt.

Die Total Quality Organisation stellt ein hohes Maß an exakter Gestimmtheit und Selbstzufriedenheit sicher und garantiert so die Qualität der Illusionsvielfalt .

Konzept

Die TQOC – GmbH bietet in ihren Organisationseinheiten durch das weltweit durchgestylte Total Quality Managment Sytem den verschiedenen Kundentypen ein exakt auf deren divergierende Wünsche zugeschnittenes Servicepaket.

Bedient werden Kunden der Typen :  

  • A (Angehörige)
  • B ( Betroffene)
  • K (Kostenträger)

Die Kunden des Typus B leben in modernen umfassend und total qualitätsgemanagten Organisationseinheiten (Strukturqualität), die ständig besser,billiger und b enutzerfreundlicher werden (b b b = Prozeßqualität). 

Das Preis- Leistungsverhältnis wird ständig optimiert durch eine durchorganisierte alle Bereiche und Funktionen optimal erfassende, regelmäßige und gegenseitige Qualitätskontrolle. Anhand des wöchentlich festgestellten Ist-Zustandes läßt sich der qualitativ verbesserte Sollzustand schon für die folgende Woche festlegen. Eine lückenlose Dokumentation der Prozesse sichert die Konditionierung des Servicepersonals, deckt Fehlerquellen und Schwachstellen frühzeitig auf und bildet das Kraftpotential zur Neukonditionierung ggf. auch Eleminierung nicht angepasst funktionierender Serviceeinheiten. In anthroposophischen Einrichtungen wird der Prozeß zu einer Entwicklung gesicherter Erleuchtungsqualität führen und so das Geistesleben endlich zu einem, auch für den Dienstalltag, kalkulierbaren Faktor machen.

TQMS ist durch ein patentiertes Controllingsystem in der Lage zuverlässig und nahezu fehlerfrei funktionierende Einheiten (früher Mitarbeiter)für die verschiedensten Betriebssysteme zu formen. Die individuellen Eigenschaften dieser Einheiten werden in einem schonenden Verfahren durch Steigerung der Gedankenprozesse bei gleichzeitigem abkühlen der Empfindungsmöglichkeiten für antiquierte Realitäten umgeschmolzen. So wird eine 99 % Kompatibilität zu den Betriebssystemen hergestellt. (Ergebnisqualität)

Die TQOC - Organisationseinheiten bieten dem Kundentyp B drei gesicherte Mahlzeiten mit qualitativ hochwertigem Sättigungseffekt. Dabei wird selbstverständlich auf die jeweiligen Hilfebedarfsgruppen Rücksicht genommen und eine etwaige Verschwendung hochwertiger Ressourcen vermieden.

Kundentyp A wird jederzeitige Kontrolle und bei Bedarf auch die Durchführung geeigneter Tests zugesagt um größtmögliche Transparenz zu erreichen. Motto:Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.

Kundentyp K kann sich auf die absolute Preiswürdigkeit der angebotenen Mahlzeiten verlassen.

Unser hochqualifiziertes pädagogisches Sättigungspersonal gibt ihnen gerne jederzeit Auskunft

Für die übrigen Bereiche elementarer Bedürfnisbefriedigung werden qualitativ vergleichbare Serviceleistungen angeboten. Eine schriftliche Darstellung wird zur Zeit in den entsprechenden Qualitätszirkeln erarbeitet.

Aufnahme finden Kunden die aufgrund ihrer Zuordnung zu einer der fünf Hilfebedarfsgruppen Kosten verursachen. Sie werden so schnell wie möglich durch geeignete Fördermaßnahmen den Bedarfsgruppen 1 und 5 zugeführt, welche die kostengünstigsten Serviceleistungen in Anspruch nehmen können. Die Schulung durch das Total Quality Management System stellt sicher, daß nach einer angemessenen Übergangszeit von längstens fünf Jahren, die Gruppen 2 – 4 aufgelöst werden können.

Dieses Konzept wird ständig total weiterentwickelt. Die Aufgabenstellung wird schließlich einer Endlösung zugeführt werden können, welche die Kostenverursachung in eine Gewinnerzielung umwandeln wird.

Ausblick

Auf der letzten großen Kundenmesse (früher Familientreffen) gab Prof. Dr. Dr. Bio

Constructa – Qualvoll in einem brillianten Vortrag einen Ausblick auf die grandiosen

Entwicklungsmöglichkeiten des TQMS durch die weltweite Vernetzung aller Systeme in naher Zukunft, die zu heute noch ungeahnten Synergieeffekten führen wird.

So wird nach Prof. Dr. Dr. Constructa – Qualvoll das Versorgungssystem im Alter (Rente) durch die umfassende Anwendung des TQMS  in Verbindung mit den Errungenschaften der Medizin insbesondere der Gentechnik in der Familiengründung und Planung zu einem absolut sicheren Steuerungssystem durch exakte Ressourcenplanung. Risikofaktoren wie Quantität und Qualität der reproduzierbaren Ressourcen (Nachwuchs), Erbkrankheiten, Behinderungen und dergleichen werden für immer der Vergangenheit angehören. Die Lebenszeiten der individuellen Einheiten werden nach gerechten und für alle gültigen Gesichtspunkten in Ihren Abschnitten: Vorbereitung, Dienstleistung und Ballast durch genetisch gesteuerte Sollbruchstellen genau bemessen werden können. Der mittlere Abschnitt wird in höchster Qualität eine bislang nicht für möglich gehaltene Gewinnmaximierung erzielen. Der Ballastabschnitt wird preisgünstig und würdevoll in virtueller Freiheit der Erforschung biologischer Prozesse unter genetisch veränderten Bedingungen dienen.

Die Steuerung der Weltpolitik, Wirtschaft und Kultur durch TQMS wird der Welt nach Jahrtausenden der Finsternis des Kampfes und Aberglaubens zum erstenmal effektiv und umfassend total und endgültig Frieden in hoher gesicherter Qualität, Stabilität und zu gesicherten Preisen bringen.

Die totale Qualitäts – Managment – Schulung

Die Einführung des neuen Systems setzt bereits bei der Kindererziehung an. Die erste wichtige Grundlage ist die Veranlagung einer systemkompatiblen Sprache. Dazu müssen alle unscharfen Begriffe, die nicht geeignet sind präzise und zielgerichtete funktionale Prozesse zu dirigieren aus dem Sprachgebrauch entfernt werden. Dies sind vor allem Begriffe die noch aus einer unwissenschaftlichen abergläubischen Entwicklungsperiode stammen wie z. B. Zufall, Schicksal, Freiheit, Liebe, Vertrauen, Mut, Geduld, Gelassenheit, Demut, Andacht, Verehrung, Gebet um nur die Systemschädlichsten zu nennen. Zur Zeit wird ein umfassender Katalog aller auf den Index zu setzenden Begriffe erarbeitet, der dann allen leitenden Einheiten des Systems sowohl in den Lehranstalten, als auch in der Wirtschaft zur Verfügung gestellt wird. Diese Begriffe werden nicht mehr verwendet. An Ihre Stelle treten moderne schlag- und aussagekräftige Begriffe wie Supervision, Controlling, Total Quality Managment oder auch ganz kurz: runterbrechen!

Besonders schädliche und resistente Begriffe wie Freiheit und Liebe neutralisiert man, indem man sie für drei Jahre zum Inhalt eines QSE – Programms macht, mit besonderer Sorgfalt bei der Durchführung des Controlling und Dokumentationssystems. Danach sind sie qualitativ  nicht mehr nachzuweisen.

Die beschriebenen Syteme werden ständig umfassend und total weiterentwickelt, so daß sie in ständig verbesserter Qualität auf das tägliche Leben heruntergebrochen werden können.

Inspirationsquellen:

  • Sozialgesetzgebung der Bundesrepublik Deutschland
  • Bundessozialhilfegesetz
  • Veröffentlichungen von Bio – Ethik Kommissionen
  • QSE – Systeme  ISO und andere
  • Schöne Neue Welt  ( Aldous Huxley)
  • Der Antichrist

Im Urbeginne des April anno 2013

Axel Müller

Nachwort aus alter Zeit:

Ich armer Tropf,
ich bin im Kopf,
ganz wirr und dumm.
Mein armes Herz,
verzagt vor Schmerz,
soll es gar ersticken drum?
Nein!
So wird es nimmer sein!
Werdet stark ihr Herzen,
lernet tragen Leid und Schmerzen,
dann wird die Schöpferkraft der Liebe in unserem Handeln sein.


 

Eine politische Frage an unsere Leser

Es gibt wenige Menschen, die nach Sassen oder auf den Richthof kommen und nicht begeistert sind. Die wenigen geschulten Nörgler und solche die immer etwas zu kritisieren finden müssen, fallen nicht ins Gewicht. Warum das so ist? So ganz genau zu sagen ist das nicht. Worauf es bei den folgenden Gedanken vordringlich ankommt ist:

- Das Leben und die Stimmung in der Lebensgemeinschaft ist in Gefahr!! -

Warum? Weil unsere Motivation durch Gesetze und Verordnungen zermürbt wird. Einige Beispiele:  

a.. Geht man auf andere Menschen, wie wir es versuchen, voller Vertrauen zu und begegnet reinem Mißtrauen, wie es das Gesetz häufig tut, muß dieVertrauenskraft schwinden. 
a.. Soziale Formen, in Gemeinschaften, sind nur tragfähig, aufgrund des Zusammenwirkens von Individualitäten, die zu dieser Gemeinschaft gehören. Bekommen sie ganz andere Formen verordnet, wirkt das zerstörend. 
a.. Neue Gesetzen und Verordnungen machen es nahezu unmöglich, individuelle Entwicklungsmöglichkeiten einer Gemeinschaft zu pflegen. Das aber ist Inhalt von Menschenwürde.
a.. Unsere Religion verlangt von uns, aus Liebe zu handeln. Die Tendenzen der Zeit machen das immer schwerer. 
b.. Gesetze schreiben heute die Motive und die Details der Durchführung vor. Das nimmt persönlichem Engagement die Kraft. 
a.. Es wird vergessen, daß es auf den Menschen ankommt. Er ist Mittelpunkt einer gesunden sozialen Tätigkeit, ihr Ziel. Das muß verloren gehen, wenn sich stärkere, andere vorgeschriebene Motive, davor setzen. Nun, es ist noch sehr viel mehr, was es immer schwerer macht, die Stimmung, die uns gelungen ist zu schaffen, zu erhalten. In unserer hektischen Welt fehlt eine solche ja allenthalben. Sollen wir mitmachen dabei? Wie können wir uns aus diesem Sog heraushalten, wissend, ganz bescheiden sei es gesagt, daß es sehr falsch ist, wie wir es tun?

Es war bislang, von der Obrigkeit eine in bescheidenen Grenzen gewährte Freiheit, die es ermöglichte, unsere internen Ordnungen, oder Unordnungen wenn man so will, selber zu gestalten. Sie können über sie in unserer kleinen Schrift "Die Sozialgestalt der Lebensgemeinschaft" nachlesen. Eine Freiheit ist gemeint, die erlaubt eine Gemeinschaft auf der Grundlage von Vertrauen aufzubauen. Denn Mißtrauen zerstört die Stimmung, schafft offenen Kampf oder versteckte Intrigen, schafft Neid. Vertrauen hingegen öffnet die Barrieren von Mensch zu Mensch, etwas, was man natürlich will, im Zusammenleben in einer Gemeinschaft. Es ist offenkundig, daß die Menschen, die man sonst "Betreute" nennt, unsere Dörfler, einen wesentlichen Teil dazu beitragen.

Was das Besondere der beiden Dörfer ausmacht, ist in Gefahr!

Viele, unzählige Gesetze und Vorschriften denen wir bislang nolens volens gefolgt sind und mit denen wir, wenn auch manchmal zähneknirschend, leben konnten, haben wir befolgt, und konnten dennoch Vieles intern nach unseren Intentionen ordnen. Wenn die Neufassung des SGB voll zur Auswirkung kommt, wird sich vieles ändern. Sicher ist, daß die Durchführung der neuen Gesetze enger gehandhabt wird. Es werden darin Dinge, die bis in die kleinsten alltäglichen Verrichtungen Einfluß nehmen und bis in die intimsten Bereiche, der Menschen, die in unseren beiden Dörfern leben, geordnet. Wir haben Sie, die Eltern und Angehörigen in unseren Treffen immer wieder darüber informiert.

Nun, ist es nicht unsere Art auf Barrikaden zu steigen und bis auf den letzten Mann zu kämpfen, sondern wir versuchen zu verstehen. Wenn man sich die Zwänge der Politik ansieht, kann man sich fragen, was täte man selbst an Stelle der Politiker, in einer Zeit, in der Geld knapper als knapp ist, und in nächster Zukunft noch knapper werden wird. In einer Zeit, in der in der ganzen Welt Materialismus und Egoismus die Seelengrundlage der Handelnden ist. Wo es auf Synergieeffekte ankommt und auf Rationalität. Man wird als Politiker nicht leicht anders können, will man in dem System bestehen. Die Folge dieser Weltsituation wird deutlich in dem ungeheueren Kapitalakkumulationsprozess, (beschönigend Elefantenhochzeiten genannt) der die Wirtschaft beherrscht, aber auch in den Krisen allenthalben. In einer Zeit, deren Gedankengrundlage und Seelenstimmung konsequent hinführt zu einem Sozialdarwinismus, einer Haltung, die eben in der Regel auf Kosten des Schwächeren, bei uns, des Behinderten geht.

Wir leben zudem in einer Zeit, wo auf wissenschaftlich - medizinischer Grundlage, für das Wohl der Menschheit gesorgt wird. Dennoch wird es schon im frühesten Stadium der Menschwerdung Ärzten, vielleicht auch bald Laborgehilfen, oder einseitig orientierten Betroffenen überlassen bleiben, zu entscheiden, ob ein Keim, der Mensch werden will, untauglich für eine Welt ist, wie wir sie heute haben, oder ob er "lebenswert" ist. Der Euthanasiegedanke schleicht sich in die Haltung der Menschen durch eine Hintertüre ein.

Ein Politiker wird aus dem Geiste dieser Zeit heraus handeln müssen, will er weiter Politiker bleiben. Aber er muß noch etwas anderes. Er muß Gesetze schaffen, die für achtzig Millionen Menschen in der BRD, - bald auch für mehr in der EU, - Gültigkeit haben. Das schließt aus, daß in den Gesetzen Rücksicht genommen wird auf einzelne, vielleicht seltene Situationen, für die diese Gesetze gar nicht notwendig wären, oder dort gar zerstörend wirken, obwohl dort schon eine menschliche Ordnung herrscht, wie man sie durch Gesetze gar nicht besser ordnen könnte, wo schon seit Jahrzehnten in extrem billiger Weise die Aufgaben erfüllt werden, die den Staat subsidiär entlasten. Von Aufgaben, die ihm sonst obliegen würden und die er selber sogünstig und so geordnet gar nicht leisten kann. Auf solche Ausnahmen kann ein Politiker, ein Gesetzgeber natürlich keine Rücksicht nehmen.

Die logische Konsequenz die sich daraus ergibt ist, daß Gesetze in diesen Einrichtungen zerstörend wirken. Zerstörend die Ordnung zum Beispiel, die auf Vertrauen aufgebaut ist, oder die Ordnung, die so kostengünstig arbeitet, wie es nur auf Basis einer solchen Ordnung möglich ist. Die Konsequenz ist, daß das Ziel, das erreicht werden soll, wenigsten für eine solche Einrichtung, nämlich günstig zu sein, in das Gegenteil verkehrt wird. Sie muß teuerer werden. Denn will sie ihr Niveau halten, und werden zugleich die Mitarbeiter durch umfangreiche zusätzliche Arbeiten von ihren bisherigen Betreuungaufgaben abgezogen, muß man natürlich weitere einstellen. Das kostet Geld. Gewährt man ihr den höheren Preis nicht, wird sie pleite gehen.

Ein Problem läßt sich mit Gesetzen nicht ordnen, nämlich das positive menschliche Miteinander. Daß man sich nicht bestiehlt, betrügt, vergewaltigt, verletzt und tötet, das kann man schon regeln, wenn auch nicht verhindern, wie man der täglichen Presse entnehmen kann. Aber das sind Grenzen auf der negativen Seite der menschlichen Handlungsmöglichkeiten. Daß man freundlich zueinander ist, eine positive, tolerante Einstellung hat, einander vertraut, usw. das läßt sich beim besten Willen nicht durch Gesetze regeln. Es wird heute gar nicht mehr bemerkt, daß die zunehmend in das individuelle Leben eingreifenden Gesetze und Verordnungen solche Einstellungen zerstören müssen. Aber sie sind so angelegt. Die übliche Grenzregelung auf der Negativseite verleitet dazu, daß sich die Menschen möglichst nahe dieser Grenze bewegen. Das zeigt die Erfahrung. Man braucht sich nur umzusehen in der Welt, um zu sehen: so ist es.

Zusammengefaßt: Gesetze müssen für die Allgemeinheit gelten und können den Einzelfall, obwohl er gut ist und über die gesetzlich möglichen Regeln hinausgeht, zerstören.

Das kann man alles einsehen. Die Frage, die wir an unsere Leser haben ist: sehen Sie einen Weg, dieses für uns in Zukunft tragisch werdende Dilemma zu lösen?

Natürlich haben auch wir nachgedacht. Sehr weit gekommen sind wir nicht und sind weiter zähneknirschend brave Staatsbürger. Die Gedanken, die wir zu einer Lösung haben, scheinen uns politisch nicht durchführbar, obwohl fast alle Menschen, Politiker, wie Wähler diese Lösung kennen. Sie lautet schlicht "SUBSIDIARITÄT" das heißt: wenn ein Bürger oder eine Bürgergemeinschaft eine Aufgabe übernehmen wollen und können, die sonst dem Staate obliegt, kann und soll er das tun. Dies ist sogar in der Bundesverfassung und manchen Länderverfassungen festgeschrieben. In der Praxis sieht es dann etwas anders aus, weil die Verwaltungen meinen, aus den verschiedensten Gründen, bis in Details einzugreifen sei nötig. Die Folge: siehe oben.

Ein Beispiel dafür:

Die Gemeinde in Schlitz muß die Größe der Mülltonnen ändern, weil es eine EU - Vorschrift ist, nur Gefäße in eine bestimmten Größe zu haben. Die Einsicht, die die EU hier hatte, traut man keinem Gemeinderat zu.

Ein anderer Ausdruck für SUBSIDIARITÄT ist, wenn man kleinere Zusammenhänge im Auge hat und nicht den Staat, "DELEGIEREN". Es hat aber ja nur Sinn zu substituieren oder zu delegieren, wenn man die Institution an die man delegiert, frei läßt und nur ein Minimum an Regeln von ihr verlangt. Daß man darauf vertraut, daß der dem man delegiert hat, im Sinne der gesetzten Aufgabe handelt. Das ist in unserer Lebensgemeinschaft intern ein Prinzip. Es funktioniert, besser wie manches andere, obwohl wir ja, wie Sie wissen, eine sehr differenzierte Gliederung in unseren Haushalten und Werkstätten haben. Daß Probleme, auch im Idealfall, auftreten ist selbstverständlich. Sie aber können durch Anordnungen nicht vermieden werden. Auch das kann man täglich in der Zeitung lesen.Eine eher politisch durchsetzbare Lösung war früher gesetzgeberische Praxis. Man findet sie seit Jahren nicht mehr. Sie heißt schlicht: MODELLKLAUSEL. Das heißt: man ordnet ein Gebiet und läßt der Verwaltung die Möglichkeit bestimmte Einrichtungen - als Modell - anzuerkennen, die von den Regelungen abweichen, solange das Allgemeininteresse nicht gestört wird und solange der Sinn des Gesetzes nicht verletzt wird.

Die Natur der heutigen detaillierten gesetzgeberischen Praxis hat, rechtsphilosophisch gesehen, die Folge, daß es keine grundlegenden gesellschaftlichen Veränderungen geben kann. Denn dazu müßten sich die Gesetze und die Haltung derer, die sie ausdenken, grundlegend ändern. Heute pressen diese den Istzustand in eine Zwangsjacke. Aus der kann man nicht heraus, will man zukunftsträchtige Dinge modellhaft, als Versuch gestalten.

Was tun?

Warum wir das heute und hier schreiben? Weil wir die Bitte haben, daß Sie mitdenken, daß Sie Wege suchen, wie man das, was unsere Besucher spüren, erhalten kann. Zur Freude der Angehörigen, zum Wohle der Betreuten und zum Vorteil des Staates.

Ein konstruktiver Vorschlag dazu wäre, wenn sich eine Gruppe von Menschen die glauben Lösungen zu kennen, oder wenigstens zu ahnen, sich mit uns zusammensetzten, um über das Problem nachzudenken und in einer Gesprächsrunde nach Lösungen zu suchen.  

Kurt Eisenmeier